Angst und Panikattacken – meine Erfahrungen
Panikattacken – die ersten kamen vor vielen Jahren
Meine ersten Panikattacken tauchten vor ca. 10 Jahren auf.
Damals wusste ich noch nicht, dass es Panikattacken waren. Ich schreckte nachts auf und schnappte nach Luft, weil ich das Gefühl hatte zu ersticken. Nachdem das Phänomen immer wieder auftauchte und nicht aufzuhören schien, sandte mich meine Hausärztin zum Lungenfacharzt. Meine Lunge wurde gecheckt und ich wurde auf „Apnoe“ hin untersucht. Das Ergebnis war einerseits deprimierend, andererseits beruhigend: Ich hatte keine Apnoe, meine Lunge funktionierte einwandfrei und auch die Nasenscheidewand war perfekt.
Aber was war es dann? Es wurde vermutet, dass ich eine Allergie hätte. Also wurde ein Allergietest gemacht, bei dem es aber kein eindeutiges Ergebnis gab.Und somit belies ich es dabei. Auf weiteres Ärzte-Hopping hatte ich keine Lust mehr.
In dieser Zeit tat sich aber in meinem Privat- und Berufsleben so einiges, denn große Wandel standen an: Ein Arbeitgeber-Wechsel, das letzte Kindergartenjahr und die Einschulung meines Kindes und ein neues Au Pair für Junior. Zusätzlich kamen der Druck von Seiten meiner Familie und finanzielle Unklarheiten mit dem Finanzamt, bedingt durch die Selbständigkeit meines damaligen Ehemannes, hinzu.
Was die Atemaussetzer anging, wurde ich pragmatisch: Ich lebte damit und bemerkte nicht einmal, als diese plötzlich wieder genau so schnell verschwanden, wie sie gekommen waren.
Panikattacken machen Dich klein und ängstlich …
Ich hatte schon lange nicht mehr an die „Atemaussetzer“ gedacht, geschweige denn sie vermisst. Und dann, als mein Mann und ich uns trennten, kamen sie wieder. Als hätte jemand den Schalter umgelegt, eine Tür geöffnet und sie eingeladen. Ich schreckte wieder nachts auf, schnappte nach Luft und fühlte einen immensen Druck auf meiner Brust und Lunge. Irgendwann kam die Angst einzuschlafen und zu ersticken. Deswegen beschloss ich eines Tages in meiner Verzweiflung zu einem Heilpraktiker zu gehen. Ich fühlte mich schwach, klein und allein gelassen. Niemand schien mir helfen zu können, nicht einmal mein Hausarzt.
Der Heilpraktiker hörte mir geduldig zu und vereinbarte einen weiteren Termin, zu dem ich etwas Gemütliches anziehen sollte. Und er empfahl mir, an dem Tag einen Tag Urlaub einzuplanen. Er erklärte mir, dass die Atemaussetzer keine Allergien seien, sondern mit meinen Gefühlen und Ängsten im Zusammenhang stehen.
Jetzt muss ich sagen, dass ich zu der Zeit jemand war, der in Anhaftung lebte, Heilpraktiker kritisch betrachtete und nur Fan von den Dingen war, die schwarz auf weiß zu beweisen waren. Ich ging also mit ziemlich gemischten Gefühlen in diese nächste Sitzung.
Der Ursprung meiner Symptome während meiner Panikattacken
Ich war fassungslos über das, was an diesem Tag beim Heilpraktiker passierte. Die Ergebnisse stießen radikale Veränderungen in meinem Leben an und die ersten Auseinandersetzungen mit meiner Vergangenheit waren die Folge:
Bis zu diesem Termin waren meine Panikattacken immer in der Nacht passiert, aber an diesem Tag konnte ich sie das erste Mal bei vollem Bewusstsein und in wachem Zustand erleben.
Der Heilpraktiker fragte mich zunächst, was mir die größte Angst bereitete. Ich sagte es ihm (damals war es die laufende Scheidung) und er wies mich an, mich anschließend auf eine Matte auf dem Fußboden hinzulegen. Im Hintergrund lief schamanische Musik. Ich sollte mich entspannen. Was ich dann auch tat. Schließlich besprach er meine „Angst-Situation“ mit mir. Ich sollte mich hinein fühlen und mir eine Situation, die mich besonders stresste, vorstellen. Ich brauchte nicht lange, denn meine Vorstellungskraft ist äußerst ausgeprägt.
Plötzlich geschah das, was während meines Schlafes normaler Weise passierte: Ich bekam Atemprobleme, Beklemmungen und schnappte nach Luft. Mich überkam das Gefühl qualvoll zu ersticken. Mein ganzer Körper ging sofort in Anspannung. Mir war so, als ob mir jemand ein Kissen auf das Gesicht drückte und mich ersticken wollte. Der Druck der auf meiner Brust lastete, war kaum auszuhalten. Größere Panik ergriff mich, sowohl körperlich als auch geistig. Meine Atmung wurde flach, ich konnte kaum mehr richtig atmen und rang nach Luft.
Der Heilpraktiker hatte zwischenzeitlich meine Hand genommen, die ich nun fest drückte. Mit langsamer und ruhiger Stimme sprach er zu mir: „Alles ist in Ordnung. Du hast nur ein Gefühl zu ersticken, das ist nicht die Realität. Atme tief in den Bauch und wieder aus. Du bekommst genug Sauerstoff. Es ist alles nur ein Gedanke. Die Realität ist anders.“ Immer wieder sprach er diese Worte zu mir, wie ein Mantra. Er sprach so lange, bis ich wieder ruhig wurde und tief und normal atmete. Die Panik wich und ich war vollkommen erschöpft.
Nach diesem Erlebnis wurde mir etwas klar:
Die Symptome meiner Panik waren in einem Erlebnis, das ich als kleines Kind einmal gehabt hatte, zu finden:
Im Alter von etwa drei Jahren wäre ich einmal fast ertrunken. Mein Vater hatte mich in einen 2 Meter tiefen Pool geworfen, im Glauben, ich würde dann schon mit dem Schwimmen beginnen. Ich hatte nicht einmal Schwimmflügel an. Ich schwamm allerdings nicht. Stattdessen sank ich mit offenen Augen und geöffnetem Mund wie ein Stein immer tiefer bis hin zum Boden des Pools hinab. Ich blieb da ein paar Sekunden, beobachtete überrascht, wie aus meinem Mund Luftbläschen nach oben stiegen und wunderte mich, dass ich nicht atmen konnte. Dann kam Panik auf.
Ja, ich kann mich noch sehr gut an diesen Moment erinnern. Auch daran, dass mein Vater irgendwann in den Pool sprang und mich nach oben holte. Prustend und hustend schnappte ich nach Luft und wusste: Unter Wasser können Menschen nicht atmen. Seit diesem Trauma hatte mein Körper eine sehr wichtige Information und ein besonderes Gefühl empfangen und gespeichert.
Denke an was Schönes – aber während der Panik geht das nicht
Wer kennt diese Ratschläge nicht, wenn er Angst oder Panik hat: „Denk an was Schönes, denke an ein tolles Erlebnis“, und so weiter. Aber ganz ehrlich: Hatten Sie schon mal so richtig Panik? Und haben Sie dabei versucht, an etwas Schönes zu denken, während ihr Kopf dauernd „Angst, Panik, SOS!“ rief?
Wir Menschen können viel, aber was wir nicht können, das ist, an zwei Dinge gleichzeitig zu denken. Und wenn wir Angst und Panik erleben, dann beherrscht dieses Gefühl unsere Gedanken vollkommen und lässt uns nicht einfach so mal wieder los.
In Paniksituationen passiert Außergewöhnliches:
Wenn wir in Panik geraten, läuft der „Säbelzahntigermodus“. Näheres dazu gibt es in meinem nächsten Beitrag zum Thema Stress. Hier also nur in Kürze beschrieben: Wir erleben eine bestimmte Situation als lebensbedrohlich. Ganz gleich, ob sie tatsächlich so ist oder uns unsere Gefühle nur einen „Streich“ spielen. Was unsere Gefühle aus Situationen machen, hängt von unseren persönlichen Stressfaktoren und erlebten Traumata ab. Wird die Situation als gefährlich für Leib und Seele „erkannt“, haben wir drei Optionen, wie wir reagieren können (aus der Steinzeit): Kämpfen, weglaufen oder uns tot stellen.
Also: wenn die Situation tatsächlich lebensbedrohlich ist, funktioniert alles wunderbar: Entweder wir kämpfen oder wir laufen weg. Sind wir irgendwann zu erschöpft, oder sind weder Kampf noch Weglaufen möglich, stellen wir uns tot.
Ist die Situation aber nicht wirklich lebensbedrohlich und sind wir im Auto, im normalen Büro, beim Arzt oder in der Wohnung, können wir nicht weglaufen oder kämpfen. Dann aber reagiert unser Körper auch. Aber so, wie wir es uns nicht wünschen können. Schließlich sind wir unter massivem Stress und unser Cortisol-Spiegel steigt rapide an.
Was geschah also während der Panikattacke beim Heilpraktiker bei mir? Ich reagierte in der Form, dass meine größte Angst vor dem Ertrinken hochhoppte und ich das Gefühl bekam, zu ersticken. Die Symptome des Ertrinkens wurden aus meinem Gedächtnis abgerufen, obwohl ich nicht ertrank.
Was kann während einer Panikattacken helfen?
Auch wenn wir nicht in einer „lebens-bedrohlichen“ Situation sind und trotzdem den „Säbelzahntiger-Stress“ erleben, können uns besondere Aktionen helfen:
Laufen ist zum Beispiel eine gute Alternative. Unser Cortisolspiegel (Cortisol ist unser Stresshormon) ist auf Anschlag und möchte abgebaut werden. Erst wenn dieses Stresshormon abgebaut ist, klingen auch die Symptome (wie flache Atmung, Erstickungsgefühl, Herzrasen, Aggressivität etc.) ab.
Gehen Sie also spazieren oder joggen oder laufen. Mir helfen, wenn ich gerade nicht raus kann, weil es draußen zum Beispiel stürmt oder schneit, Tätigkeiten im Haushalt: Staubsaugen oder Putzen.
Sie würden gerne laut Schreien? Dann gehen Sie auf ein einsames Feld und schreien Sie. Lassen Sie Dampf ab. Gehen Sie ins Fitnesscenter, auf den Crosstrainer, nutzen Sie einen Boxsack (Kampfmodus).
Singen Sie, wenn Sie nicht schreien können. Das hilft auch. Am besten zu Heavy-Metal-Hits oder zu Rock´n Roll. Das Wichtige dabei ist, dass Sie verstehen, dass ihr Körper gerade in diesen Momenten „Steinzeit-Allüren“ lebt und gerade Ihre volle Aufmerksamkeit benötigt. Egal was Sie tun, tun sie es achtsam und atmen Sie dabei bewusst.
Stabilisatoren außerhalb der Panikattacken – Wege zur Resilienz
Mir persönlich helfen folgende Tätigkeiten und Hilfsmittel, zur Erhaltung meiner Stabilität. Wenn ich sie regelmäßig anwende, kommen meine Panikattacken, die sich in den letzten Jahren vor meinem Burnout manifestiert hatten, inzwischen immer seltener. Ein vollkommenes Abklingen konnte ich noch nicht erreichen. Aber ich bin auf dem besten Weg dazu.
Gerade die jetzige Zeit, in der viel negative Energie und Panik rund um das Corona-Virus uns allen zu schaffen macht, ist es sehr herausfordernd geworden, diese Attacken, sollten sie in Erscheinung treten, in den Griff zu bekommen.
Mir helfen zur Stabilisierung bestimmte Tools aus meiner Instrumentenkiste zum Stressmanagement. Auch in meinen Achtsamkeitskursen konnten meine Teilnehmer deren positive Wirkung feststellen und nehmen sie gerne mit in ihren Alltag. Vielleicht können auch Sie etwas Passendes dabei finden. Das Wichtigste hierbei ist aber auch die regelmäßige Anwendung. Denn zum Beispiel einmal in der Woche zu meditieren, hilft zwar ein bisschen mehr als gar nicht, aber nur die regelmäßige Anwendung hilft uns wirklich weiter.
Meine Tools, die ich empfehlen kann:
- Meditation
- Anwendung spezieller ätherischer Öle
- regelmäßige Bewegung und vor allem Ausdauer-Sport (ich habe inzwischen einen gebrauchten Crosstrainer bei mir zu Hause stehen)
- Achtsamkeitstraining, inklusive Atemgsübungen
- Singen (das tu ich allerdings nur, wenn ich alleine bin. Seit mein Kind im Alter von einem Jahr die Daumen in die Ohren gesteckt hat, als ich ihm etwas vorsang, war mir klar, dass die Gesangskarriere in diesem Leben sicher nicht auf meinem Zukunftsplan steht.)
- Schreiben (Therapeutisches Schreiben ist eine der besten Mittel, die ich für mich gefunden habe. In 2021 wird es wieder ein Seminar zum Thema „therapeutisches Schreiben“ geben)
- Basteln von Badebomben und Seifen mit ätherischen Ölen (ab Oktober gibt es dazu besondere Rezepte auf meinem Blog, aus der Sicht der Stresstherapie)
Die Zivilisation ist (k)eine Wildnis
Unsere Gesellschaft ist im Wandel. Gerade durch Covid 19 sind Themen an die Oberfläche gemoppt, die schon lange im Untergrund gebrodelt haben. Manchmal erscheint es einem, als ob wir im Chaos der Gefühle angekommen sind. Zwischen Egoismus und „Querdenkertum“ müssen wir unseren Platz auf diesem Planeten neu definieren.
Sowohl negative als auch positive Energien sind am Start. Das kann einem manchmal Angst machen. Und Menschen, die noch nie Angst oder Panik verspürt haben, kommen jetzt vielleicht in solche oder ähnliche Situationen.
Wichtig ist, sich hierbei nicht von den Menschen mitreisen zu lassen, die uns zu ihren eigenen Gunsten manipulieren wollen. Dazu ist es notwendig, Klarheit und Stabilität zu schaffen und zu erhalten.
Lassen Sie sich nicht von ihrer oder der Angst Anderer leiten.
Probieren Sie zur Erhaltung Ihrer psychischen Stabilität die Instrumente, die ich Ihnen hier empfohlen habe oder suchen Sie sich andere, wenn Ihnen die genannten nicht zusagen. Wichtig ist grundsätzlich immer eine Kombination aus Sport, gesunder Ernährung und Achtsamkeit.
In dem Sinne wünsche ich Ihnen: Bleiben Sie gesund und geraten Sie nicht in Panik.
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