Sage nie einem Menschen, der Depressionen …

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Sage nie einem Menschen, der Depressionen hat, er möge sich “zusammen reißen”

oder dass Sie sein “Gejammer” nicht mehr hören können … –  Sie hatten selbst ganz sicher mal einen schlechten Tag. Oder auch mal zwei. Da waren Sie einfach traurig, missmutig, melancholisch, pessimistisch, niedergedrückt … ? Oder Sie hatten PMS. Und wenn Sie einmal oder mehrmals an PMS gelitten haben , wissen Sie auch, dass diese Zeit wieder vorbei geht und  durch hormonelle Veränderungen in Ihrem Körper zustande kommt. Aber was hat das mit “Sage nie einem Menschen, der Depressionen hat …” zu tun?

Der Zusammenhang wird Ihnen sofort schlüssig, wenn Sie weiter lesen …

Wenn jemand an Depressionen erkrankt ist, ist er tatsächlich KRANK. Natürlich ist diese Erkrankung nicht vergleichbar mit einer Erkältung oder einem gebrochenen Arm. Niemand sieht es einem an, man leidet auch nicht an Heiserkeit. Weder Familie noch Freunde noch Kollegen erkennen es auf Anhieb. Es steht einem nicht auf der Stirn geschrieben. Wenn Frauen an PMS leiden, sieht man es ihnen auch nicht an. Man merkt es höchstens an der Aktion / Reaktion der Frau in bestimmten Situationen …

Depressionen können unterschiedliche Ursachen haben. Unter anderem können  Serotonin- oder Vitamin D-Mangel oder eine Schilddrüsendysfunktion Auslöser einer Depression sein.

Aber ein Depressiver trägt noch dazu eine Maske …

Nach Außen hin ist jemand, der an Depressionen erkrankt ist, meist stark und gut gelaunt. Er/Sie  lacht über Ihre Witze und lächelt immerzu weiter, wenn er es bis jetzt so getan hat …

Manchmal können Depressive aber auch aggressiv sein.

Das macht die Person allerdings so lange, bis er/sie zusammen klappt. Bis ihm/ihr die Kraft dafür fehlt. Denn das Tragen dieser Maske während einer Depression ist auf Dauer furchtbar anstrengend. Es erfordert enorme Energie, den Schein nach Außen hin zu wahren … So viel Energie können Sie sich gar nicht vorstellen … . Vielleicht sind Sie als Lebenspartner/Freund/Freundin der/die Einzige, die diese Stimmung täglich zu spüren bekommen. Umso wichtiger ist es, Sätze wie “reiß Dich zusammen” oder “ich kann das nicht mehr hören” zu meiden. Das ist für den Erkrankten wie ein Schlag ins Gesicht und nicht hilfreich.

Und wenn er oder sie am Ende ist, bleibt er/sie nur noch im Bett …

Sie haben einen Partner oder einen Freund / eine Freundin, der / die wahrscheinlich an Depressionen erkrankt ist? Sie können die Person nicht mehr dazu bewegen, sich zu bewegen. Mit Ihnen raus zu gehen? Das Theater, Kino oder andere Veranstaltungen zu besuchen, die ihm/ihr vorher sehr viel Spaß gemacht haben? Die Person in Ihrer Umgebung ist nicht wieder zu erkennen? Er / Sie isst nicht mehr? Schläft Tag und Nacht? Ist dauernd betrübt und spricht nicht mal mehr mit Ihnen? Die Person hat vielleicht auch den Rückzug angetreten und isoliert sich? Dann hilft kein Zureden, kein Schimpfen oder Versuch des Aufmunterns mehr! Alles, was Sie jetzt sagen, kommt nicht oder nur verzerrt beim Erkrankten an!

Dann ist es höchste Eisenbahn!

Dieser Mensch, benötigt nun dringend fachkundige Hilfe! Zunächst sollte dringend ein Arzt konsultiert werden, der die Schilddrüsen, die Hormone und den Vitamin D Haushalt prüft. Der zweite Schritt führt in der Regel zum Psychologen, der zu Beginn, bis ein Therapeut gefunden wird, Pillen verschreibt. Antidepressiva können Leben retten und der erkrankten Person wieder Energie und positive Gefühle geben.

Ich will keine Antidepressiva …

Ich war früher selbst negativ gegenüber der Einnahme von Antidepressiva eingestellt. Während meines Burnouts hat sie mir allerdings geholfen, das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. In der Depression ist alles nur noch schwarz. Nichts bereitet einem Freude, das Leben ist hart und ungerecht, die Menschen in der Gesellschaft sowieso nur noch egoistisch. Man ist einsam, fühlt sich wertlos und als Belastung für die Allgemeinheit. Der Erkrankte fühlt sich alleine mit all diesen negativen Gedanken. Ganze 24 Stunden täglich hört und fühlt man diesen Mist. Die Depression ist wie ein Monster, das sich im Gehirn eingenistet hat und nur noch sein pessimistisches Programm mit Dramen und Ängsten abspielt.

Als ich die Antidepressiva einnahm, spürte ich nach ungefähr drei Wochen etwas Freude. Bei mir schien auch mal wieder die Sonne, mein Monster erhielt eine Kündigung und verließ mein Gehirn. Zwar langsam aber immerhin lief auch mal ein positiver Film in meinem Kopf. Nur so konnte ich den nächsten Schritt zu meiner Genesung machen. Deswegen nannte ich die Antidepressiva irgendwann “Glückspillen”, obwohl sie mich nicht glücklich machten. Dazu bedurfte es meine eigenen Schritte, mit Hilfe eines Therapeuten …

Glückspillen schenken wieder Mut zum Leben …und ohne Arzt geht es einfach nicht! 

Würden Sie einem Diabetiker sein Insulin wegnehmen? Oder die Einnahme seiner Medikamente in Frage stellen?

Ein an Depressionen erkrankter Mensch benötigt meistens Antidepressiva um wieder Richtung Genesung gehen zu können. Antidepressiva machen nicht gesund, sie helfen aber dabei, ein hormonelles Ungleichgewicht wieder auszugleichen. Manchmal geht es einfach nicht ohne. Wichtig dabei ist allerdings, die Nebenwirkungen im Auge zu behalten, regelmäßig den Hausarzt oder Facharzt zu konsultieren und eine Person des Vertrauens in seiner Nähe zu wissen, die über diese Mittel Bescheid weiß. Wie jedes andere Medikament haben auch Antidepressiva Nebenwirkungen. Und niemals sollten Antidepressiva “einfach so” wieder abgesetzt werden. Wenn Ihr Partner/Ihre Partnerin das Gefühl hat, dass es bald auch ohne geht, ist ein langsames Reduzieren der Medikamente unter ärztlicher Anleitung dringend notwendig.

Depression, die zweithäufigste Volkskrankheit weltweit bis 2020

Egal, ob Sie selbst oder Ihr Partner an Depressionen leiden: Sie sind nicht alleine! Die WHO schätzt, dass weltweit insgesamt 350 Millionen (!) Menschen an Depressionen leiden. Im Jahr 2020 wird die Erkrankung Depression laut WHO die zweithäufigste Volkskrankheit weltweit sein.

Wenn Sie fachkundige Hilfe suchen, klicken Sie bitte hier.

Literaturempfehlungen finden Sie hier:

Morgen ist leider auch noch ein Tag …” -von Tobi Katze

Mein schwarzer Hund: Wie ich meine Depression an die Leine legte” – von Thomas Linquist

“Die neue Medizin der Emotionen” – von David Servan Schreiber

 

(Fotos: www.Pixabay.com)

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4 Kommentare
    • Deborah Bichlmeier
      Deborah Bichlmeier says:

      Danke Dir für Deinen Kommentar und den Tip. Die Diagnostik beim Spezialisten folgt in unserem Gesundheitssystem leider erst nach dem ersten Befund der TSH, fT3 und fT4 Werte. Diesen Weg musste ich selbst auch gehen, da der Spezialist in München sich nur die Zeit nimmt, wenn tatsächlich ein Verdacht besteht, dass die Schilddrüse nicht korrekt arbeitet. Gute Endocrinologen sind rar und meist leider bis auf 6 Monate ausgebucht. Wenn man dann aber einen an der Hand hat, gehen weitere Termine und Absprachen schneller.

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        • Deborah Bichlmeier
          Deborah Bichlmeier says:

          Liebe Irene, man hat zwar in München mehr Auswahl, aber leider sind die Terminvergaben nicht zügig. Man wartet auch in München zwischen vier und acht Monaten auf einen Termin beim Endokrinologen. Leider musste auch ich diese Erfahrungen machen.

          Antworten

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